Montag, 4. Januar 2010

Nauwald, Nana, Schamanische Rituale der Wahrnehmung, AT Verlag: Baden-München 2005, 208 S., Festband, SU, ISBN 3-03800-238-0,
19,90 €.


Die Autorin, Nana Nauwald, ist bereits seit über zwanzig Jahren in verschiedenen Bewusstseinswelten unterwegs. Dafür reiste sie in der Welt umher. Sowohl um zu lernen als auch, später, um zu lehren. Mittlerweile dürfte sie einige Bekanntheit genießen: als Buchautorin, Künstlerin, Seminarleiterin und nicht zuletzt durch ihre Zusammenarbeit mit Felicitas Goodman, die ein System von Körperhaltungen als schamanische Trancetechniken wiederentdeckte.
Dieses Buch nun, „Schamanische Rituale der Wahrnehmung“, beschäftigt sich mit den ersten Schritten auf dem Weg schamanischer Erfahrung. Ausgangespunkt und roter Faden des Bandes ist ein von Nauwald gegebenes Wochenendseminar in den Voralpen zum Thema schamanische Wahrnehmung. Und wie bei einem Seminar üblich, gibt es eine Einführung und erste praktische Übungen, welche die Wahrnehmungen der Teilnehmer sich langsam verändern lassen. Zwischen den Übungen werden klärende Gesprächsrunden initiiert, in denen die Erfahrungen reflektiert werden und sich an Fragen dergestalt abgearbeitet wird, welcher Natur denn nun das Geisttier ist, welches seine Charakteristika und ob jeder Schamane denn eines hätte. Dann geht es wieder zur ekstatischen Erfahrungen in der Natur. Die den Rahmen des Buches ausmachenden geschilderten Rituale reichen also von stiller Meditation und Kontaktaufnahme zur umgebenden Natur, über rituelle Körperhaltungen bis hin zum wilden Tiertanz ums Feuer. Alles zielt darauf ab, mit sich selbst und den Geistern von Pflanze und Tier besser in Kontakt zu kommen. Die Seminarteilnehmer selbst gelangen in der Schilderung ihrer Erfahrungen ebenfalls zu Wort. Neben der praktischen steht auch die theoretische Einführung: Wichtige Begriffe im Zusammenhang mit dem Schamanismus werden diskutiert und zu einer handhabbaren Terminologie geklärt, die im Text zum besseren Wiederauffinden zumeist farbig abgehoben ist. Mit der Theorie und dem Konsum der praktischen Erfahrung wird der Leser so zum passiven Teilnehmer des Seminars.
Damit erschöpft sich der Inhalt des Buches aber keineswegs.
Neben der Darstellung einfacher Beispiele lebendiger schamanischer Praxis in heutiger Zeit scheint es ein weiteres wichtiges Anliegen der Autorin zu sein, den Nachweis zu führen, dass eben diese Praktizierenden unserer Lande in echter schamanischer Tradition stehen und nicht bloß Kopisten östlicher oder amerikanischer Überlieferungen sind. Das zu untermauern werden zahlreiche Zeichnungen archäologischer Fundstücke ins Feld geführt, die nach ihrem schamanischen Gehalt beurteilt werden. Sie sind nach Regionen geordnet und reichen bis ins jüngere Paläolithikum. Neben den archäologischen sind auch mythologische Hinweise gesammelt, die auf das schamanische Weltbild der Kulturen des alten Europa, Vorderasiens und Sibiriens hinweisen. Beispielhaft wird dieser Nachweis an Wasservögeln, dem Hirsch und der Schlange vollzogen. Hierbei profitiert die Autorin von ihrer jahrelangen Erfahrung und einer Fülle von Material, welches augenscheinlich in dieser Zeit zusammen getragen wurde und dem Leser präsentiert wird. Ob Kesselwagen, Kessel, Taufsteine, Helme, Klappern, Scherben, Felsgravierungen, Masken, Figuren, Ritzbilder etc.pp.- alle Beispiele kommen aus unseren Breiten.
So kann das Buch von Nana Nauwald auf ganz unterschiedliche Weise gelesen werden: als ein Plädoyer für eine weitere Hinwendung zum und vielleicht tiefgreifende Rekonstruktion des Wissens unserer Ahnen, als eine fundierte Einführung in die Grundlagen eines pragmatisch orientierten Schamanismus, als archäologisch-kulturhistorische Studie vorzeitlicher religiös-mystischer Bräuche oder aber als Werbeschrift für ihre Seminare. Es ist von allem ein bisschen, was das Buch abwechslungsreich, informativ und unterhaltsam zu lesen macht. Hervorragend natürlich auch die Vielzahl gelungener Abbildungen, die von der Autorin selbst besorgt ist.